Texts (German)

Emirates Road

Dubai - Abu Dhabi, 14.01.2012

Emirates Road

Am frühen Morgen Dubai verlassend und auf der Emirates Road in Richtung Süd-Westen. Rechts zeichnet sich die Skyline des Finanz- und Wirtschaftsviertels zum Persischen Golf hin dunkel ab. Einzig der Burj Chalifa, mit 828 Metern das derzeit höchste Gebäude der Welt und damit die umstehenden um über das doppelte überragend, sticht aus der Silhouette hervor. Nach sechsjähriger Bauzeit, 22 Millionen Arbeitsstunden und Baukosten von mehr als einer Milliarde Euro, drohte dessen Fertigstellung im Zuge der weltweiten Finanzkrise zu scheitern. Die königliche Familie von Dubai, die die Gesamtkosten aus ihrem Privatvermögen bestreiten wollten, kam an ihre Grenzen, bis der Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate und Herrscher des (öl-) reichsten Emirates Abu Dhabi, Scheich Chalifa bin Said al Nahjan, die Restfinanzierung übernahm. So wurde der Turm, der bis dahin den Namen Burj Dubai tragen sollte, ihm zu Ehren als Burj Chalifa im Januar 2010 eröffnet.

Das ist nun zwei Jahre her. Was aber ist aus den bis zu 12 000 Arbeitern geworden, die dieses Gebäude, anfangs mit einem viertel Stockwerk, dann einem pro Tag in die Höhe trieben? Viele der anderen Großbaustellen, die Oper, Inselwelten und künstliche Kanallandschaften liegen brach und die vornehmlich aus Indien, Pakistan und Bangladesch stammenden Arbeiter müssen die Emirate innerhalb eines Monats verlassen, sofern sie keine Arbeit mehr haben. Viele werden das Land inzwischen verlassen haben, wer aber an einem Freitag nachmittag an der Dubai Creek spazieren geht, wird eher an Bombay denken, als an ein arabisches Emirat. Die Arbeiter haben ihren freien Tag und die Bevölkerung besteht zu 75% aus Gastarbeitern. Im Emirat Dubai ist die Arbeit in der Baubranche rar geworden. Wenn da nicht der Nachbar Abu Dhabi wäre.

Zurück auf die Emirates Road, eine zwischen Dubai und Abu Dhabi größtenteils zwölfspurige Autobahn, die an diesem frühen Morgen nur spärlich befahren ist. Einige Pkws, in beide Richtungen, die auf den vielen Spuren reichlich Platz haben und, das Dutzend ist nach wenigen Minuten immer wieder voll, alte Autobusse der Marke Ashok, Leyland oder Tata. Dazwischen ein paar Kleinbusse von Hiace. Diese aber sind ausschließlich in eine Richtung unterwegs, fahren ausnahmslos auf der äußersten linken Spur und sehen auf den ersten Blick leer aus. Erst nachdem etliche überholt waren und nach genauerem hinsehen wird einem klar, dass alle voll besetzt sind. Tatsächlich ist gar nicht viel zu sehen und dennoch zeigt sich das Bild überdeutlich. Zahllose dünne Gestalten, keiner der Plätze ist unbesetzt, die Köpfe unter Mützen oder in Tücher gewickelt, lehnen sie schlafend an der Außenscheibe oder ihrem Sitznachbarn. Ohne es zu erkennen, so ist doch klar, dass es ausschließlich Männer sind. Natürlich. Bauarbeiter die in Dubai keine Arbeit mehr haben, aber nun im Nachbaremirat gebraucht werden. Wahrscheinlich ist es noch keine Stunde her, dass sie in den Containerdörfern aus ihren Mehrbettzimmern kommend, in diese Busse gestiegen sind. Noch liegt Dubai nicht weit hinter uns. Die teils in kleinen Kolonnen fahrenden Busse nehmen kein Ende. Die Fahrt von Dubai nach Abu Dhabi dauert gut zwei Stunden, von ihren Unterkünften bis zur jeweilige Baustelle, bestimmt auch länger. Zweimal am Tag, sechsmal die Woche. Es ist vor sechs Uhr früh.

 Mi Ander   14.01.2012

 

Sockelgeschosse des Burj Chalifa, Dubai 2012

Der Burj Chalifa, in ganzer Höhe (828 Meter)